Dienstag, 14. Dezember 2010

Die Wüste lebt!

Perus kompletter Küstenstreifen besteht, wie schon öfters erwähnt, aus einem trostlosen, lebensfeindlichen Gebiet, wo bis auf ein paar Ausnahmen kaum lukratives Leben möglich ist. Ab und zu durchbrechen jedoch große Flusstäler diese Einöde und bringen das nötwendige Wasser für die Agrarwirtschaft mit sich. So fährt man stundenlang durch eine Art Steinwüste, um dann plötzlich inmitten von saftig grünen Reisfelder zu stehen. Der Kontrast könnte nicht größer sein!


Nachdem wir nun die Linien von Nazca hinter uns gelassen haben, bewegten wir uns weiter nordwärts, in Richtung Ica! Diese Stadt im Nichts ist aus drei Gründen recht bekannt. Neben einer sehr hohen Kriminalitätsrate wird hier der wohl beste Wein und Pisco Perus angebaut und hergestellt. Das Klima ist perfekt für unsere kleinen runden, saftigen Freunde an der Rebe. Der dritte Grund, Ica einen Besuch abzustatten, sind die benachbarten Sanddünen. Man fühlt sich rasch in die Sahara nach Nordafrika versetzt und kann auf bis zu 200m hohen Dünen rumtollen – und wir waren mittendrin!


Da es aber wirklich sehr anstrengend ist, im losen Sand auf einen Dünenkamm zu klettern und wir schon seit 10 Monaten ohne Sport durchgekommen sind (und jetzt nicht noch damit anfangen wollten), suchten wir nach einer Alternative zum Fuß-Antrieb. Ein Buggy sollte die Waffe unserer Wahl werden. Ich habe Katja noch nie so schreien hören, als wir mit unserem 3-Sitzer-Geschoß mit unglaublicher Geschwindigkeit über den Sand rasten und über Dünenkuppen sprangen. Ich glaube sogar, dass ich auch ab und zu fast geschrien habe. Aber nur fast und auch nur aus Freude...glaube ich!


Unterbrochen wurde dieser Tunnelblick-Rausch von sehr amüsanten „Sandboarding“-Passagen, wo wir auf einem Snowboard stehend oder liegend die Düne heruntergeschlittert sind. Meistens sind wir jedoch im Sand gekugelt. Eigentlich tut das auch nicht weh, da der Sand recht weich ist, doch Ronny musste unbedingt die berühmte Brust-Bremse probieren und scheiterte damit kläglich. Nach einer kleinen Schrecksekunde war er aber wieder wohlauf und voll funktionstüchtig.


Nach diesem abenteuerreichen Tag konnten wir unsere sandigen Glieder an der Oase Huacachina entspannen. An diesem schönen Fleck Erde liegt, eingebettet zwischen hohen gelben Dünen, eine kleine, mit Palmen umrundete Wasserfläche. Zum Baden war sie zwar nicht geeignet, doch von einem Restaurant aus ergab sich ein wunderschöner Blick über den Tellerrand!


Die nächste, und leider auch vorletzte Station unserer gemeinsamen Herumreiserei mit Ronny und Janet sollte der Marine-Nationalpark von Paracas sein. Hier hat man die Möglichkeit auf den vorgelagerten Inseln jede Menge verschiedene Meeres- und Küstentiere zu sehen und zu beobachten. Die Spannweite reicht dabei von Abermillionen Möwen, Inka-Seeschwalben und Pelikanen über Magellan-Pinguine bis hin zu Seelöwen und -sternen. Magellan-Pinguine hatten wir ja schon in Argentinien gesehen, Pelikane in Australien und Seelöwen (oder Robben) in Neuseeland – doch nirgends bekamen wir alle diese Tierchen auf einem einzigen Fleck präsentiert. Unglaublich! Es kam uns vor wie eine riesige Meeresfrüchte-Paella mit extra Fleisch! Beeindruckend dabei ist, wie geschickt sich die Tiere in ihrer Umgebung bewegen, z.B. die am Lande recht träge wirkenden Seelöwen. Diese können bis zu 500 kg wiegen, sind im Wasser aber leicht mit einem Torpedo verwechselbar. Auch die riesigen Pelikane flogen ohne viele Flügelschläge dicht über dem Meer an unserem Schnellboot vorbei. Dabei sind sie meist in größeren Grüppchen unterwegs und bilden lange Flugketten.


Noch gekrönt wurde unser Trip kurz vor dem Einlaufen in den Hafen mit der Sichtung von ca. 15 Delfinen, die um unser Boot herumdüsten und später einem Fischkutter folgten. Selbst für den Kapitän unseres Schnellbootes war das nicht alltäglich und somit aufregend. Wir hatten an diesem Tage sehr viel Glück gehabt - auch mit dem Boot. Es ist wesentlich schneller gefahren, als das auf dem Titicacasee – mit dem wäre es wahrscheinlich ne 2-Tagestour geworden!

Samstag, 11. Dezember 2010

Die Küste Südperus

Das ganze Gegenteil vom hässlichen Entlein Puno, ist die traumhaft schöne Stadt Arequipa. Durch die Verwendung von weißem Tuffstein und die gute Erhaltung vieler Kolonialbauten ist vor allem der Bereich um den Plaza de Armas, den zentralen Ausgangspunkt für eine Stadtbesichtigung, besonders sehenswert. Arequipa besitzt auch eines der einzigen noch funktionierenden Klöster Perus. Seit dem 16. Jahrhundert existiert hier eine „Stadt in der Stadt“ hinter hohen weißen Mauern. Heutzutage kann man das farbenfrohe Kloster „Santa Catalina“ besichtigen. Ein weiterer Höhepunkt ist der Besuch des riesigen Marktes. Wie auch in Cuzco kann man hier alles kaufen, was vor 3 Minuten noch lebte und es mit frischem Obst und Gemüse nach Hause tragen. Wir ließen uns wieder einmal leckere Multi-Fruchtsäfte mixen und schauten dabei den Fleischern beim Hantieren mit dem Fallbeil zu.


Das beste an der 2300 m hoch gelegenen Stadt ist jedoch die Aussicht auf ihre beiden Hausberge. Die Vulkane Chachani (6075 m) und Misti (5850 m) drohnen über den Dächern der Stadt und drängen sich fast schon in jedes Foto, dass von der tollen Kathedrale geschossen wird.


Was jedoch die meisten Touristen nach Arequipa lockt, ist der wohlvermarktete „Canyon de Colca“, die angeblich tiefste Schlucht der Welt. Auch wir ließen uns von einer der gefühlten tausend Reiseagenturen eine 2-tägige Wanderung aufschwatzen und starteten am nächsten Morgen 4 Uhr mit dem Bus in Richtung Anden. Am ersten Halt sollten wir eigentlich einen der größten Vögel unserer Erde sehen, den Andenkondor, doch leider ließ sich keiner dieser bis zu 3m spannenden Vögel blicken. Bei den vielen Touris dort an der Steilkante war das aber wahrscheinlich auch kein Wunder. Also ging unsere Tour weiter und wir wurden am Beginn eines kleinen Pfades abgesetzt.


Nach einer 6-stündigen Wanderung und über 1000 Tiefenmeter später erreichten wir eine Oase mitten im Canyon, wo wir in einem tollen Pool unter Palmen unsere sonnengeschundene Haut abkühlen konnten und später in sehr netten Bambushütten übernachtet haben. Katja wäre die Strecke bis zur Oase auch in 4 Stunden gelaufen, da sie bergab wie der gestiefelte Kater geflitzt ist, um endlich „im Paradies“ anzukommen. Vorfreude, schönste Freude...


Janet musste sich am nächsten Tag erst einmal mit dem Esel aus dem Tal abschleppen lassen, da sie wegen akuter nächtlicher Körperentleerung einen kleinen kräftemäßigen Durchhänger hatte. Als sie oben ankam, erinnerte sie uns etwas an Old Shatterhand auf seinem Pferd - 3 Stunden nachdem er einen Pfeil in den Rücken bekommen hatte. Wir liefen diesen steilen Abschnitt brav zu Fuss und nach 3 Stunden Bergaufquälerei gab´s dann sogar schon Frühstück! Was sagt denn da unserer Spo-Wi-Experte Ronny dazu?


Zurück in Arequipa „erzählten“ wir noch ein bisschen mit dem Chef unserer Agentur, da sie uns mit der Wanderzeit ganz schön veralbert hatten (6 statt 4h) und aßen dann lecker Pizza auf ihre Kosten. Na geht doch...!


Die Zeit drängte und wir mussten unsere Zelte in Arequipa leider wieder abbauen. Gerne wären wr in dieser wunderschönen Stadt länger geblieben. Und die beiden Vulkane wollen ja schließlich auch noch bestiegen werden! Beim nächsten Mal dann bestimmt! Unser Busfenster zeigte uns in den folgenden 10 Stunden eine der landschaftlich schönsten Streckenabschnitte der Panamericana Sur. Immer an der rauen Steilküste entlang schlängelte sich die Straße – links die tosende See mit ihren großen Wellen und rechts die lebensfeindliche Atacama-Wüste mit Sanddünen und Steinflächen, soweit das Auge reicht. Inmitten einer dieser steinigen Ebenen entdeckte man 1926 riesige, in den Untergrund gezeichnete Linien und Muster. Diese „Linien von Nazca“ sind heute noch eines der großen Rätsel der Menschheit, da niemand bestimmt sagen kann, was sie bedeuten und welchen Sinn sie überhaupt haben. Eine junge Deutsche machte es sich ab 1940 zur Lebensaufgabe und erforschte die Muster bis ins kleinste Detail. Leider kennt in unserem Land keiner die „Nationalheldin Nazcas“ - Maria Reiche aus Dresden! Sie kam zu dem Schluß es handele sich bei diesen ca. 1700 Jahre alten Linien um einen astronomischen Kalender und NICHT um die Landespuren Außerirdischer (wie es der im Weihrauchdunst schwebende Ufo-„Forscher“ Erich von Däneken behauptet). Die beste Methode, sich die Linien näher anzuschauen, ist eindeutig aus dem Ufo...ähm, nee...Flugzeug. Ronny, Janet und ich hatten jedoch die Hosen zu voll, da dieses Jahr bereits 2 Flugzeuge abgeschmiert sind. Katja jedoch trotzte der Gefahr, band sich ihr weißes Kamikaze-Kopftuch mit dem roten Punkt um und stieg in die Maschine. Katjas Kuhmagen blieb unberührt, der ihrer Nachbarin widerkäute und widerkäute...! Katja sah den Wal, den Affen und die Spinne, den Kolibri und den Kondor, die Hand und den Baum und die Spirale aus der Höhe. Auch der berühmte „Astronaut“ – ein Mensch mit Eulenkopf – war dabei.


Wir Angsthasen am Boden mussten zwar auf die Vogelperspektive verzichten, konnten uns die Linien aber von einem Aussichtsturm mitten auf der Ebene anschauen. Auch hier sah man wenigstens zwei kleinere Muster – die Hand und den Baum. Die größeren Figuren messen bis zu 150m und sind somit vom Boden aus nicht zu erfassen.


Jaja, ich habe übrigens kein Lama auf dem Kopf sitzen - das ist alles meine selbstgezüchtete Haarpracht!

Nach soviel trockener Landschaft und Staub in den Lungen, lächzten unsere Leiber wieder nach Wasser und Schatten und wir machten uns auf in Richtung Ica. Dies liegt zwar auch mitten in der trockensten Wüste der Welt, der Atacama, doch sollte uns dort eine kleine Überraschung erwarten!

Naa, seid ihr schon gespannt...???

Lago Titicaca

„Die Vögelein, die Vögelein vom Titicacasee, die ...“ Wer weiß, wie´s weitergeht, schreibt es schnell in das Kommentarfeld und kann sich dann im Januar bei mir persönlich ein Bonbon abholen! Versprochen!

Nun aber zu unserem Bericht!

Neben den vielen kleineren Einblicken in das ländliche Leben der Peruaner sollte hier am Titicacasee eine völlig neue Erfahrung auf uns warten. Wir wollten einmal selbst bei einer einheimischen Familie übernachten und somit auf die touristischen Schnick-Schnack-Hostels verzichten . Um richtig ab vom Schuß zu kommen, buchten wir eine 2-tägige Bootstour auf eine Insel mitten im Titicacasee. Dieser riesige See ist nicht der höchste See der Welt, aber mit knappen 4000m üNN schon in verdammt dünner Luft gelegen und auch voll beschiffbar. Apropos schiffen, von den Einheimischen wird er auch gerne mal Pipi-Kaka-See genannt, was einen Hinweis darauf gibt, was mit den anfallenden Abwässern in Puno geschieht. Das braune Wasser im Hafen von Puno – unserer Meinung nach eine der häßlichsten Städte Perus – lädt wirklich nicht zum Baden ein – nein, eigentlich noch nicht einmal zum Draufgucken! Doch mit unserem Schnellboot, was fast von vermoderten Paddelbooten mit seniler Besatzung überholt worden wäre, fuhren wir hinaus auf die Insel Amantaní. Wäre ich nicht so im Trainingsrückstand gewesen, hätte ich hier schon einmal vorschwimmen können.


Einen Zwischenstopp legten wir jedoch noch bei den schwimmenden Inseln der Uro-Indianer ein. Hier leben auf ca. 15 Schilfinseln, die im See verankert sind (oder 50, die Anzahl differiert), rund 2000 Menschen unter einfachsten Bedingungen. Seit der Tourismus Einzug gehalten hat, gibt es zwar teilweise Solaranlagen und auch mal ein Radio oder TV-Gerät, doch grundlegend leben einige der Insulaner noch nach ganz alten Bräuchen und Sitten. Geheiratet werden darf z.B. nur unterhalb der Inseln und nicht mit Festland-Menschen, was einen interessanten und explosiven Genstamm entstehen lässt. Ein sehr hoher Prozentsatz der Neugeborenen überlebt z.B. das erste Lebensjahr nicht. Zum Bau einer Insel braucht man unter anderem sehr viel Schilf und ein bisschen Grund zum Verankern. Nach rund 30 Jahren ist eine Insel „verbraucht“ und sollte ersetzt werden. Diese Überbleibsel werden dann als Klo-Inseln genutzt, auf die alle zum „Geschäft-machen“ paddeln müssen. Jedes Bauwerk, jedes Boot, einfach alles auf den Inseln ist aus Schilfgras hergestellt. Ein Boot hält für ein Jahr und braucht 3 Monate zur Fertigstellung. Nach Aussage des Oberhauptes unserer besuchten Insel ist es ausreichend für 12 Männer – oder 18 Chinesen!


Nach weiteren 2,5 Stunden in brühtender Hitze in der Kabine neben dem Motor oder bei knallender Sonne und Hautkrebsgefahr auf dem Dach des Speedbootes kamen wir endlich in Amantaní an und wurden von unserer lustigen Gastmutti für diese eine besondere Nacht empfangen. Ihr Haus war eine 2-stöckige Lehmhütte mit einer wackeligen Holz-Stolpertreppe davor. Strom gab es nur 2 Stunden am Tag, da die 12V- Autobatterie nicht mehr hergab. Unsere Mutti hatte auch einen 15-jährigen Sohn, der zur Zeit aber in Arequipa arbeitete. Was mit ihrem nichtvorhandenen Mann geschah, konnten wir leider nicht herausbekommen.


Für mich war es schon das dritte Mal auf dieser Insel, doch immer wieder bewundere ich die Menschen, die mit so einfachen und simplen Bedingungen gut leben (...überleben...) und den Touris noch etwas vormachen können. Hier gibts keinen Elektroofen und keinen Maggi-Gewürzständer, trotzdem zaubern die Muttis in den Pötten die besten Suppen, die wir je gegessen haben. Einfach, aber extrem lecker! Die Gewürze werden dazu meist am Wegesrand zum Haus gepflückt, genauso wie der Tee und Medikamente.

Am folgenden Tag schauckelten wir in unserer Nussschale mit Motor zur Nachbarinsel Taquile, um dort ein bisschen zu laufen und die alte Insel-Kultur besser kennenzulernen. Nach einer anstrengenden Wanderung in 4000 m Höhe über die steilen Ortswege und ein exzellentes Fischgericht später starteten wir die Rückfahrt unserer Wildwasser-Odysee mit der Titanic des Titicacasees. Zum Glück gibt´s hier keine Eisberge.


Da die Stadt Puno den Charme kalter McDonalds Pommes versprüht, nahmen wir gleich den nächsten Bus und machten uns auf in neue Galaxien und somit in neue Abenteuer...Captain Hupel, Sternzeit 22:56 Uhr!

...bis zur nächsten Folge!